Als Südbadnerin gab es für mich jahrelang nur eine einzige wahre Beilage zu Spargel: Kratzete, die feinen, in der Pfanne zerrissenen Pfannkuchen. Alles andere war Schnickschnack, Firlefanz und unwürdiges Beiwerk. Überhaupt hatte ich in Bezug auf Speisen eine manchmal eher lokalpatriotische Haltung, auch was die namentliche Bezeichnung betraf. Wer isst denn schon Bratkartoffeln? Brägele musste das heißen! Am Tag vorher abgekocht und dann in Butterschmalz knusprig gebraten, ein Traum. Anstelle von Faschingskrapfen gab´s bei uns die köstlich ausgebackenen badischen Scherben und zum badischen Zwiebelfleisch wurden badische Knöpfle gereicht, aber hallo, wir waren doch keine Spätzlefresser aus dem gegnerischen Teil Baden-Württembergs! Mittlerweile finde ich jedoch auch Freundschaften zwischen Badnern und Schwaben klasse und Spätzle kann ich mir bei vielen Gerichten nicht mehr wegdenken. Krapfen esse ich gerne zum Sonntagsfrühstück und Bratkartoffeln, nun ja, schmecken mit dieser Bezeichnung tatsächlich auch nicht anders als Brägele. So müssen es heute auch nicht immer nur Kratzete zum Spargel sein, es wäre ja auch schade, wenn man sich durch regionale Engstirnigkeit um so viele schöne Rezeptmöglichkeiten bringt.
Hier kommt das Rezept für 4 Portionen:
1 kg weißer Spargel
Für den Pfannkuchenteig:
80g Mehl
1 TL Speisestärke
2 Eier
Salz
250 ml Milch
4 EL Öl
4 EL Speck, fein gewürfelt
Für die Vinaigrette:
4 Eier
2-3 EL Zitronensaft
Salz, Pfeffer
5 EL Öl
6 EL Olivenöl
1/4 Bund Petersilie
1 Beet Kresse
Spargel schälen und in einem feuchten Tuch beiseite legen. Die Schalen und Enden in einem Kopf mit kaltem Wasser, 1 TL Zucker und 1 TL Salz zum kochen bringen und ca. 25 Min. köcheln lassen. Dann die Schalen und die Enden entfernen.
Währenddessen für den Pfannkuchenteig Mehl, Speisestärke, Eier, eine Prise Salz und Milch zu einem glatten Teig verrühren und 30 Minuten quellen lassen.
Für die Vinaigrette Eier 10-11 Minuten hart abkochen, abschrecken und pellen. Eier halbieren und Eigelb herauslösen. Eiweiß und Eigelb separat mittelfein hacken. Aus Zitronensaft, Salz, Pfeffer und Öl und Olivenöl eine Vinaigrette rühren. Die Petersilienblätter abzupfen und mittelfein hacken. Kresse vom Beet schneiden.
Nun nacheinander 4 dünne Pfannkuchen backen: Dafür jeweils 1 EL Öl und 1 EL Speck in eine beschichtete Pfanne geben und 2 Minuten anbraten. Dann 1/4 Teig in der Pfanne verlaufen lassen und bei mittlerer Hitze von beiden Seiten goldbraun backen. Die Pfannkuchen sofort fest einrollen und mit der Schnittseite nach unten auf einem Backblech im vorgeheizten Ofen bei 60°C warmhalten.
Spargelstangen in den Spargelfond geben und in 12-15 Minuten gar kochen. Mit einer Schaumkelle herausnehmen, abtropfen lassen und auf Tellern anrichten. Die gehackten Eier auf dem Spargel verteilen, mit der Vinaigrette beträufeln und mit Petersilie und Kresse bestreuen. Die Pfannkuchenröllchen schräg in ca. 2 cm breite Streifen schneiden, ebenfalls auf den Tellern verteilen und servieren.
Das Rezept stammt aus E&T 5/08, ich habe lediglich die eigentlich vorgesehen gerösteten Sonnenblumenkerne und das Kürbiskernöl zum beträufeln weggelassen. Ersteres habe ich schlichtweg vergessen, das Öl sah nicht so gut aus und hat mich außerdem zu sehr an den Winter erinnert. Ach und übrigens, einen klitzekleinen lokalpatriotischen Schuss zum Schluss kann ich mir doch nicht verkneifen: In welchem Bundesland gibt´s die höchste Dichte an Sterne-Restaurants? Naaa?
10 Kommentare:
auch ohne Sonnenblumenkerne scheint hier die Sonne durch. Die Antwort auf deine Frage weiss ich, will aber andern die Freude am Raten nicht stehlen ;-)
in Rheinland-Pfalz, wo sonst!
Gefaellt mir immer sehr Aufklaerungen ueber die deutsche Regionalkueche und Unterschiede! Ich lerne in den letzten Monaten wirklich eine Menge. Schoene Zubereitung!
Speck und Spargel, einfach eine gute Kombination. Sehr schön präsentiert und schöne Fotos.
In dem berühmten Bundesland Eifel- natürlich!
Geil! Das wird gemacht!
Sehr schöne Kombination - die auszuprobierenden Spargelrezepte gehen bestimmt nicht aus :-)
Als gebürtige Schwäbin mit aus Baden stammendem Vater sehe ich das alles übrigens ganz entspannt :-)
Christina, ich bin begeistert! Ich finde das ganz toll, wie tolerant und offen für andere Kulturen du bist. Also wirklich, solche Menschen brauchen wir in Deutschland :o))))
gefällt mir gut! Vielen Dank für die Rezept-Empfehlung.
@Robert: Du sitzt ja sozusagen direkt nebenan. ;-)
@Claus: Tor geht auf --> Zonk!
@Jutta: Deswegen lese ich so gerne Foodblogs, ich habe auch schon so viel gehört, von dem ich vorher nichts wusste.
@Täglich Freude am Kochen: Vielen Dank!
@Gabriele: Eifel + 300 km weiter gen Süden! :-)
@Heni: Yay! :-*
@Petra: Oh ja, die Spargelrezepte türmen sich bei mir auch. Du bist da nicht ganz unschuldig. Ich sehe das Badner-Schwaben-Thema auch ganz entspannt - finde es aber durchaus amüsant, wie sich diesbezüglich manchen älteren Freiburger Herren immernoch der Kamm stellt.
@Suse: Tja siehste, so bin ich eben! ;-)
@Florian: Gerne doch!
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