Sonntag, 22. Februar 2015

Zitronen-Mohn-Kuchen und ein kleiner Erguss über Sinn und Zweck von (Tisch-)Manieren

„Ma-ma! Ich mach das doch nicht, wenn ich woanders bin!“ Das in etwa war als Kind meine allgemeingültige Antwort auf Sätze, wie „Nimm die Ellbogen vom Tisch!“, „Sitze gerade!“, „Leg Dein Besteck zusammen“, „Finger aus dem Gesicht!“ und alle anderen Ermahnungen, die das Auftreten nicht nur zu Tisch sondern in sämtlichen anderen sozialen Bereichen betrafen. Bis wir eines Tages mit Bekannten und deren Enkel (Er war cool! Er trug Michael Jackson T-Shirts! Und Nike Airs! Er hatte einen zarten Oberlippenflaum! Schmacht!), der ein paar Jahre älter war als ich - ich war etwa 9 - gemütlich beisammen saßen und ein Video von einem gemeinsamen Urlaub anschauten. Ich bebte vor Aufregung, denn ER saß neben mir auf dem Sofa. Und er reichte mir Chips! Wow!
Das Video zeigte uns alle bei einer Kutschfahrt, später bei einem Ausflug an den Forggensee und zum Schluss bei einer lustigen Feier in einem Allgäuer Landgasthof, wo ich zuerst begeistert mit den Händen zur Musik klatschte, bevor sich meine Linke ein Sandwich griff und mein rechter Zeigefinger bis zum Mittelglied in meiner Nase verschwand. 
Etwa zeitgleich verschwand die Chipstüte außer Reichweite. Seitdem nahm ich Mahnungen meiner Mutter hinsichtlich Anstand und Manieren ernst, zumindest für die nächsten paar Wochen, aber das ist eine andere Geschichte. 

Jetzt nehmt euch erstmal ein Stückchen Kuchen, der ist nämlich echt lecker und, auch wenn er heute vielleicht ein bisschen untergeht, ein guter Kandidat für die Sonntagskaffeetafel! ;-) Nach dem Rezept geht es dann weiter.



Hier kommt das Rezept für den Zitronen-Mohn-Kuchen, die Menge reicht für eine Kastenform

Für den Teig
190 g weiche Butter + Butter für die Form
190 g Zucker
3 Eier
190 g Mehl + Mehl für die Form
1 TL Backpulver
¼ TL Salz
4 EL Mohn (gemahlen)
2 EL abgeriebene Zitronenschale
25 ml Milch
80 g Ricotta

Für die Glasur:
180 g Puderzucker und ca. 2 EL Zitronensaft
1 EL Mohn (gemahlen)

Backofen auf 170 Grad (Ober+Unterhitze) vorheizen. Die Kastenform mit etwas Butter ausstreichen und gleichmäßig mit Mehl bestäuben.
Für den Teig Butter und Zucker mit dem Handrührer schaumig schlagen und die Eier einzeln unterrühren.

Mehl, Backpulver und Salz zusammen in eine Schüssel sieben. Mohn und Zitronenschale untermischen. Die Mehlmischung bei niedriger Geschwindigkeit unter die Buttermasse rühren, dabei nach der ersten Portion die Milch zufügen. Alles zu einem glatten Teig verrühren und zum Schluss den Ricotta unterheben.
Teig in die Kastenform füllen und im vorgeheizten Backofen auf der mittleren Schiene etwa 50-60 Min backen (bei mir 60, aber macht zur Not die Stäbchenprobe: Mit einem Holzstäbchen in den Kuchen stechen, wenn beim Herausziehen kein Teig mehr daran kleben bleibt, ist er fertig).
Kuchen aus dem Ofen nehmen, kurz abkühlen lassen, dann aus der Form nehmen und auf einem Kuchengitter vollständig auskühlen lassen.
Währenddessen Puderzucker mit Zitronensaft glatt rühren. Es soll eine schön dickflüssige Paste werden, ggf. gebt etwas mehr Puderzucker oder Zitronensaft hinzu, falls sie zu dünn oder zu dick ist.
Abgekühlten Zitronenkuchen mit der Zitronenglasur bestreichen und mit dem geriebenen Mohn bestreuen.

Das Rezept für den Zitronen-Mohn-Kuchen stammt aus dem hübschen Buch „Süße Sünden“.



Auf was ich eigentlich mit dem oben gesagten hinaus will: Wir machen uns so viele Gedanken darüber, was wir essen, wie etwas schmeckt, über die Art der Zubereitung und die Herkunft der Produkte - WIE wir jedoch essen, vor allem auch in der Öffentlichkeit, das ist selten Gegenstand unserer Überlegungen. Es ist in uns drin, ist uns mit den Jahren in Fleisch und Blut übergegangen, so wie wir es gelernt haben, so wie wir es gewohnt sind.

Grund für diesen Beitrag ist mein Besuch neulich in einem kleinen Restaurant mit gehobener gutbürgerlicher Küche. Uns gegenüber ein Pärchen um die 40, chic gekleidet, teurer Wein, man wählt das Menü. Dann plaudern sie - mit vollem Mund, zeigen mit dem Besteck aufeinander, nehmen einen kräftigen Schluck „damit es besser rutscht“, auf den Tellern sieht es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen, es klappert, schmatzt und hagelt Zoten, zwischendurch wird mit fettigen Fingern eine Nachricht ins Handy getippt. Ich überlegte kurz, ob sich vielleicht so der Moment anfühlt, in dem der Spießer-Vorhang fällt und man realisiert: Du bist nicht mehr cool. Du regst dich über Dinge auf, die dich nichts angehen. Du wirst als altes, verbittertes Paradebeispiel der Möchtegern-Hautevolee enden, das in trauter Zweisamkeit mit dem Messerbänkchen auch mit Zahnprothese und Tremor noch dem Knigge huldigt. Schau doch einfach weg! Aber dann tat es mir viel mehr Leid um das schöne Essen, um die Atmosphäre, die ich mir dadurch verderben ließ. Und ich habe mir wirklich Gedanken darüber gemacht, ob und in welcher Hinsicht Tischmanieren heute noch zeitgemäß sind, vor allem, was sie mir persönlich bedeuten - denn irgendwie habe ich in den letzten Jahren das Gefühl bekommen, dass immer weniger Menschen es vermögen, "schön zu essen", was immer das eben für einen persönlich bedeutet. Dabei habe ich die nicht gerade waghalsige These aufgestellt, das diejenigen, die sich ohnehin gerne mit Kochen und Esskultur beschäftigen - also ihr und ich! ;-) - auch zu Tisch gewisse Verhaltensweisen pflegen. Für mich beispielsweise sind Tischmanieren nichts anderes als Respekt vor dem Essen, das ich zu mir nehme, und Achtung der Menschen, die es für mich zubereitet haben oder mit denen ich gemeinsam am Tisch sitze. So weit so gut.

Kommt es bei Tischmanieren nur darauf an, wie sie nach außen wirken? Was ist bei Gerichten, die ich mir (ich zitiere mich selbst) „alleine, mit Kohlenhydratejieper im Schneidersitz mit der Schüssel auf den Knien und einem Vorlegelöffel als ‚Schaufel‘ in der Hand“ vor der Glotze reinpfeife, wie es ab und an zum Beispiel bei dem Italienischen Nudelsalat hier geschieht? Oder wenn man nachts nach einer Party mit einer gekonnten Schlangenlinie in die Dönerbude einfällt und eine „Fallallafel mit allem und ääähhhäxtra Käse“ innerhalb von 5 Minuten quasi inhaliert? Müsste da nicht auch die Verinnerlichungstheorie greifen, die einen selbst wenn niemand zuschaut oder man nicht ganz Herr seiner Sinne ist vor einem manierlichen Supergau rettet? Ich glaube sogar, sie tut es. Nicht ganz so galant wie sie es sollte, aber - das bin ich mir 100 % sicher: Ich kaue auch hier mit geschlossenem Mund. Nur ein bisschen schneller. ;-)

Fragen über Fragen, letztendlich steckt in dieser langen Rede wie so oft ein recht kurzer Sinn: Mich würde brennend interessieren, was ihr über Tischmanieren denkt. Hattet ihr auch schon das eine oder andere einschneidende Erlebnis diesbezüglich? Geht es euch manchmal so wie mir, dass ihr euch in einem Restaurant unwohl fühlt, wenn jemandem neben euch das Essen beim Reden quasi wieder aus dem Mund fällt oder sollte ich mir doch noch mal Gedanken machen, von wegen Spießer-Vorhang und so? Und wenn ihr schon Mamis oder Papis, Omis oder Opis seid, achtet ihr bei euren Kindern und Enkelkindern auf Tischmanieren? Ich freue mich über eure Meinungen - nicht zuletzt weil ich im Bekanntenkreis einige hitzige Diskussionen darüber geführt habe und es ganz spannend fand, wie jeder dieses Thema ganz individuell er- und durchlebt.



Zum Schluss nochmal zum Kuchen: Eigentlich gilt das Rezept für eine Kastenform von 20 cm Länge, meine hatte 25 cm – ich fand das ganz gut weil so die Stücke vom Zitronenkuchen nicht so riesig waren. Und man dafür mehrere essen konnte. Tsssihihihiiiii! ;-)
Habt einen schönen Sonntag und morgen einen guten Wochenstart!

Mittwoch, 4. Februar 2015

Chili con Carne: Was Mexikaner mit Garn so alles machen

Heidewitzka, schon wieder ein abgeluchstes Rezept! Zum unmexikanischsten aller mexikanischen Eintöpfe (weil Chili con Carne ja angeblich gar nicht aus Mexiko stammt) hatte ich bisher eine etwas seltsame Assoziation. Das liegt daran, dass Teile meiner Familie die Aussprache einen winzig kleinen Hauch verbadisiert haben: „Chili con Gaaan“.
Als Kind war das „Garn“ im Chili für mich also ein unverständliches Mysterium, das mich zu wilden Spekulationen über die Etymologie des Begriffs und den Verstand der Mexikaner verführte. Ich dachte mir komische Geschichten aus, in denen Mexikaner Töpfe voller Chili mit drahtseildickem Garn am Sattel ihrer störrischen Esel festbanden, und hatte einfach keine Ahnung, wie man einem so guten Gericht einen so bescheuerten Namen geben konnte. Heute weiß ich natürlich nicht nur, wie es richtig heißt, sondern auch, dass mein bisheriges Chili con Carne-Rezept doch nicht so spektakulär war, wie ich bisher gedacht habe. Denn seit ich das Chili von meinem Freund gegessen habe, bin ich um ein Gericht, bei dem meine Augen vor Verzückung zu Platztellern (jajaa, in Herzchenform) werden, reicher. Und in Bezug auf das Ausplaudern der bis dato von ihm penibel geheimgehaltenen Rezeptur, wirkt eine Tüte Haribo-Schlümpfe manchmal Wunder ... ;-)
Ach und übrigens: So doof ist die Idee mit Garn im Chili con Carne gar nicht, es könnte euch sogar einen echt miesen „Fehlbiss“ ersparen, wie zum Beispiel hier bei der Pizza Hawaii.



Hier kommt das Rezept für Chili con Carne aka Garn aka Carlo (siehe unten): 

Zutaten für 4 Personen (ähm ... zwei ;-)):
 
500 g Rindfleisch
3 rote Zwiebeln, gehackt
2 EL brauner Zucker
1 EL Chilipulver (je nach dem wie scharf es ist, variiert hier ein bisschen)
15 g grob gehackte sehr dunkle Schokolade (mind. 80%, ansonsten ersatzweise 1 EL ungesüßtes Kakaopulver)
1 TL Oregano
1,5 gestr. EL Kreuzkümmel
1 TL Koriander, gemahlen
1 TL Niora (das ist sehr erdig riechende getrocknete Paprika, ist jedoch optional und nicht total schlimm, wenn es fehlt)
1 TL Salz
30 ml Öl
500 g Hackfleisch vom Rind
2 Dosen á 400 ml (Abtropfgewicht etwa 240g) gehackte Tomaten
3 Knoblauchzehen, fein gehackt
etwa 100g Tomatenmark, das ist ca. 1/2 Tube
250 ml Schwarzbier
200 ml starker Kaffee (das hochheilige Procedere für die perfekte Stärke zumindest mit unserer Kaffeemaschine ist: 2 Espressi mit normalem Kaffee auf 200 ml auffüllen)
200 ml Rinderbrühe
1 getrocknete Chilischote
3 Dosen schwarze oder braune kleine Bohnen, abgewaschen und abgetropft 




Zubereitung Chili con Carne:
Rindfleisch mit einem großen scharfen Messer in feine Würfelchen schneiden. Das dauert. ;-)
In einer Schüssel die Rindfleischwürfelchen mit den gehackten Zwiebeln gut vermengen. Ihr müsst es richtig fest durchkneten, am besten mit den Händen, damit der Zwiebelsaft austritt und sich mit dem Rindfleisch vermischt. Lasst es euren Kerl machen und schaut ihm dabei auf die Oberarme ... uh yeahhh! 

Jetzt bereitet ihr die Gewürzmischung vor: Braunen Zucker, Chilipulver, Schokolade, Oregano, Kreuzkümmel, Koriander, Niora und Salz in einer kleinen Schüssel vermischen.
Öl in einem großen Topf erhitzen, Hackfleisch anbraten, nach etwa 2 Minuten Rindfleisch mit Zwiebeln dazu geben und etwas anbräunen. 1 Dose gehackte Tomaten, Knoblauch, Tomatenmark und die Hälfte der Gewürzmischung dazugeben und verrühren.

Wenn es ein bisschen eingekocht ist, Bier, Kaffe, Brühe, Chilischote, die verbleibende Dose gehackte Tomaten und den Rest der Gewürzmischung dazugeben. Gut unterrühren, aufkochen lassen und dann bei schwacher Hitze etwa 1 1/2 Stunden leise köcheln lassen. Wir machen das mit Deckel, lassen ihn aber einen kleinen Spalt offen. Ab und zu umrühren. Nach etwa 45 Min. mal probieren und abschmecken, ggf. jetzt schon etwas nachsalzen. Wenn das Chili con Carne etwas zu sehr einkochen sollte, einfach etwas Brühe oder Bier nachgießen, wenn es zu flüssig ist, entfernt den Deckel und lasst es etwas stärker einkochen. Zum Schluss die schwarzen Bohnen zugeben und unterrühren, etwa eine halbe Stunde weiterköcheln lassen. That´s it!



Übrigens: Mein Rechtschreibprogramm macht aus Chili con Carne immer Chili con Carle - aus dem gedanklich innerhalb von Sekunden Chili con Carlo wurde. Ob Chili con Carne nicht vielleicht doch ursprünglich aus Italien ... ? ;-)